Freitag, 23. Juli 2021

Etappe 19: Die Sonne brennt

Die letzte Etappe, unglaublich.
Müde schäle ich mich aus dem Zelt, schnell ein Blick zur genialen Aussicht rundherum. Den Kaffee genießen wir an der schönsten Aussichtsstelle und beobachten den Sonnenaufgang. Es heißt Abschied nehmen von der Bergwelt, die nächste Nacht verbringen wir in Conca - zurück in der Zivilisation. Die Strecke heute bietet noch einmal alles auf: bizarre Felsen, Geröll, Wald und Farn. Unterwegs liegen Badegumpen am Weg, leider belagert von einigen Gruppen, so reicht es mir, die Beine kurz abzukühlen. Obwohl der Rother-Führer einen 1000 m Abstieg bis Conca angibt, überraschen mich immer wieder Zwischenanstiege, die in der Mittagshitze die Schweißtropfen nur so fließen lassen. Völlig erschöpft, meine Oberschenkelzerrung meldet sich schmerzhaft, kommen wir bei der Bär der GR20 an und feiern das Finale mit eiskalter Cola und einem Eis. 18 Tage, 180 km, mehr als 12000 Höhenmeter und etliche Klettereien liegen hinter uns.Auch die eiskalten Duschen in den Refuges will ich nicht unerwähnt lassen.
Abends feiern wir mit Anni, Amelie und Thomas.

Etappen 17 + 18

Lager- bzw Wanderalltagauf dem GR20, die Morgenroutine habe ich zur Genüge beschrieben. Wir doppeln die Etappen heute und kommen somit kurz mit dem Massentourismus in Kontakt, um anschließend wieder im Wald zu verschwinden. Durch die Gesamtlänge wird der Tag recht anstrengend, die Wärme trägt dazu bei. Es wandert ein wenig die Wehmut mit, das morgen  der GR20 zu Ende ist. Es hat sich im Laufe der Zeit eine Art Gemeinschaft entwickelt, die man so ähnlich auch in den Alpenhütten kennt. Viele Kontakte ergeben sich, verschiedene Nationalitäten, die meisten sind natürlich Franzosen.
Am Refuge Paliri überrascht zunächst, dass die Dusche etwa 200 m von der Hütte entfernt ist. Eine lange Schlange bildet sich. Ich entscheide mich, später zu duschen, wenn die meisten essen.
Am Abend gibt's noch Live-Musik an der Hütte, Party geht ab. Wer sich zurück ziehen möchte, kann das auch tun. Das Zeltareal liegt etwas abseits.
Die Scenerie um die Hütte herum ist malerisch. Wir trinken auf Felsen mit Blick auf das Meer sitzend noch eine Flasche Wein, bevor wir im Zelt verschwinden.

Mittwoch, 21. Juli 2021

Etappe 15: Der Süden Korsikas

Die letzten Etappen beginnen, es ist ein wenig Logistik gefragt, denn wir wollen uns nicht übernehmen aber auch rechtzeitig für den Rückflug wieder nach Bastia kommen. Zwei Etappen könnten wir zusammenfassen, doch werden wir das dann täglich entscheiden. Ich habe auch Lust, mal weiterzulaufen und an einem Notfallbiwakplatz, die es immer wieder mal entlang des Weges gibt, übernachten.
Heute stehe ich mit der Dämmerung auf, nach Toilettengang und  Katzenwäsche setze ich Kaffeewasser an. Wir haben für die zweite Nacht am Platz den besten Spot für mein Zelt und Marks Biwak ausgesucht, verfügen über einen eigenen Tisch und haben einen genialen Blick auf die Berglandschaft. Nach dem Frühstück mit Brot und Käse geht'sgut erholt los. Der Weg schlängelt sich entlang des Grats, steinige Stellen wechseln sich mit gut begehbaren Abschnitten ab.
Die Sonne strahlt herrlich, noch ist es nicht zu heiß und ich platziere mein Solarpanel auf dem Rucksack um Strom zu tanken. Ein wirklich schöner Weg heute, nach Fels- und Steinwegen folgt beim Abstieg ein eher sandiger Weg durch uralte Erlenwälder. Beim beständigen Absteigen meldet sich mein linker Oberschenkelmuskel mit zunehmenden Schmerzen. Das Schonen des rechten Knies mit dem Aufstehen auf hohen Stufen über das linke Bein fordert seinen Tribut. Als der Weg einen Bach kreuzt, legen wir unsere Füße ins kühlende Wasser und ruhen noch einmal aus. Den restlichen Weg bis zum Refuge de Matalza, das mit einem schönen Rasenplatz überrascht, halte ich durch. Hoffentlich erholt sich der Muskel bis morgen wieder. Am Refuge treffen wir einige Leute wieder, die uns unterwegs schon begegnet waren. Man kennt und begrüßt sich.

Etappe 16

Eine kalte, feuchte Nacht. Das Zelt ist vom Tau nass, die Wiese ebenfalls. Es macht keinen Spaß die Sachen so einzupacken. Das Gas in der Küche des Refuge ist leer, zum Glück habe ich den Kocher dabei. Der Kaffee weckt die Lebensgeister und wärmt ein wenig auf. Die ersten km sind leicht zu gehen, mein Oberschenkelmuskel kommt gut damit klar. Nach 1 Stunde kommen wir zur Bergerie "i croci", wo wir ein Stück Käse und einen Grand Kaffee für ein Frühstück bekommen. Die Sonne erscheint und vertreibt die Kälte. Ich denke, dass ich beim nächsten mal für die Übernachtung bis hier weiterlaufen würde, weil es hier viel gemütlicher und schöner ist. Schon wieder ein wunderschöner, gut zu gehender Weg, der sich die Hügel hinauf und hinab schlängelt. Zum Schluss ein knackiger An-, danach ein noch steilerer Abstieg, dann sind wir am Ziel. Der Oberschenkel brennt, das rechte Knie zwickt - aber ich will nicht klagen, ich wusste, was auf mich zukommt. Wenn ich andere hier im Lager sehe, bin ich noch gut dran: kaum jemand ohne Tape, Voltaren oder IBUProfen. Davon brauche ich noch nichts. Soeben habe ich eine Frau weinen hören und bekomme mit, das eine Gruppe abgewiesen wird. Die übermüdeten Frauen müssen jetzt weiterlaufen, weil alle Plätze des Refuge belegt sind. Keine tolle Sache.
In der Epicerie gibt es kein Baguette mehr, mit Glück ergattere ich die letzte Packung Nudeln, wenigstens das Abendessen ist gesichert.
Es sind definitiv zu viele Menschen auf dem GR20 unterwegs. Das müsste reglementiert werden. Noch zwei Tage, dann sind wir am Ziel. Landschaftlich war die gesamte Strecke ein Genuss! Von den Refugees kann ich das nicht sagen.

Montag, 19. Juli 2021

Etappe 11: Start in den südlichen GR20

Am Abend konnten wir uns in der Epicerie des Refuge Azarella in Vizzavona , der sehr gut ausgestattet ist,  mit Lebensmitteln eindecken, Es fiel dann die Entscheidung, früh am Morgen zu starten, um dem Regen, der ab Mittag beginnen soll, zu entgehen.
Der Plan geht auf 👍🙂.
Zelt steht, wir sitzen im Refuge, als der Regen kommt: Eine Stunde lang gießt es wie aus Eimern, während ich aus der Dusche komme und nicht zum Zelt gehen kann - ich wäre pitschnass, wenn ich dort ankäme. So sitzen Mark und ich gemeinsam mit zwei Dutzend weiteren Wanderern im Refuge und warten ab. Ich hoffe derweil, dass keine Wasserströme ins Zelt laufen. Ich habe beim Aufbau versucht, einen kleinen Damm zu bauen, ob er hält ... ?
Die Wanderung heute Morgen führt uns durch alte Pinienwälder die Hänge hinauf. Vizzavona war mit ca. 900 m der tiefste Punkt der Tour. Im Refuge de Campanelle gibt es frische Pizza - ein Leckerbissen für uns!
Die Zeit vertreiben wir uns mit "Connect"-Spielen mit Anni und Amelie.

Etappe 14: Sonnige Gratwanderung

Gestern Abend ist es spät geworden, deshalb schlafen wir heute etwas länger, also bis 5:30 😎. Eine Truppe junger Franzosen feierte den Geburtstag von Henri und sang lautstark Lieder. Irgendwie sind wir da mit hineingeraten und haben etwas mehr Rotwein als üblich verzehrt. Stanislav, einer der.Jungs aus Nantes, kannte ein deutsches Lied - schwuppdiwupp geölten alle "Theo, spann den Wagen an" in verschiedenen Sprachen und im Kanon. Die Lachmuskeln wurden arg strapaziert.
Heute Morgen gings also etwas später los. Heute führt der Weg entlang der Berggipfel mal steinig, mal verblockt, mal auf sandigem Untergrund 10 km bis zum Refuge Usciolu. Dort soll es gutes Essen geben, was mich noch zusätzlich anspornt.
Immer wieder genießen wir die Ausblicke auf beide Küsten.
Plötzlich stehen an einem Abstieg 5 Leute zusammen. Beim Näherkommen erkenne ich Amelie am Boden sitzend, Anni daneben und die Oma-Truppe aus München, der wir schon häufiger an den Refugees begegnet sind, diskutierend drum herum. Offenbar hat sich Amelie den Fuß umgeknickt und hat starke Schmerzen. Die Omis sind ein Glücksfall: eine ist Physio, untersucht den Fuß, tapet ihn und gibt Tipps. Gertrud organisiert die Gepäckverteilung und verspricht, die Sachen an der nächsten Hütte abzugeben. Anni, Mark und ich übernehmen die restlichen Sachen sowie den Rucksack und Amelie versucht ein paar Schritte zu gehen, was mithilfe der Stöcke gelingt. 
Nun liegen 5 Stunden Weg vor uns, die wir gemeinsam irgendwie bewältigen. Die anderen Wanderer ziehen an uns vorbei, fragen nach, bieten Hilfe an und sind wirklich alle sehr nett. Als wir an der Hütte eintreffen, applaudieren sie - ein netter Empfang. Morgen lege ich einen Pausentag ein, den kann mein Körper gut gebrauchen. Marks Knie schmerzen ebenfalls wieder. Morgen sehen wir weiter.

Sonntag, 18. Juli 2021

Etappe 12+13

Nach dem gestrigen Regen, er hielt von ca. 15 bis 20:30 Uhr an, müssen wir die Sachen nass einpacken. Alles ist irgendwie feucht, klamm oder gar nass. Mein Yeti-Schlafsack ist ein Traum. Obwohl er teilweise nass geworden ist, wärmt er mich ausreichend für einen erholsamen Schlaf. 5 Uhr aufstehen, 6 Uhr losgehen ist geplant. Wir doppeln die Etappen 12 und 13 (insgesamt ca. 7 Stunden) und nachmittags ist Regen angesagt. Der erste Teil verläuft als Singletrail durch Pinienwald und quert etliche, durch den Regen angeschwollene gurgelde Bäche. Eine einfache, ca. 12 km lange, 4-5 Stunden lange Strecke. Unterwegs entdecke ich einen großen Feuersalamander, der sich rasch unter einem Stein verkriecht. Düfte von Thymian und anderen Kräutern ziehen durch die Luft. Herrlich! 
Am Refuge de Verde legen wir mittags eine Kaffee, Brot und Käse-Pause ein bevor es zwei Stunden 600 Höhenmeter auf 5 km bergauf zum Refuge Prati geht. 14 Uhr komme ich dort an. Jetzt lege ich Zelt, ISO, Schlafsack und Klamotten zum Trocknen aus, die jeweils gegen Wegfliegen gesichert und vom Schmutz befreit werden müssen. Duschen (heute Mal wieder grauenhaft kaltes Wasser, trotzdem eine Schlange vor dem Duschhäuschen), Wäsche waschen, fürs Abendessen einkaufen - der tägliche Ablauf auf dem GR20. Es trudeln weitere Wanderer ein, viele kennt man von den früheren Etappen.
Heute hat das Wetter ein Einsehen, der angekündigte Regen bleibt aus und wir haben freuen Blick auf die Ebene und die Ostküste der Insel. 120 km und einige Tausend Höhenmeter auf dem GR20 liegen hinter, noch ca. 5 Etappen und 60 km vor uns: entspanntes Auslaufen hat es ein Mitwanderer genannt. Im Vergleich zum nördlichen Teil trifft das sicherlich zu.

Freitag, 16. Juli 2021

Etappe 10: Ende des nördlichen GR20


Man gewöhnt sich an alles. Trotz Sturm habe ich einigermaßen gut geschlafen, die Sachen sind weiterhin trocken. Mit Vorfreude auf das Frühstück packe ich alles zusammen und gehe mit Mark zum Frühstück: für jeden ein halbes Baguette, Marmelade, Kaffee. Los geht's! Zunächst 700 m Abstieg, danach 1200 m Abstieg nach Vizzavona. Die Knie schmerzen schon beim Gedanken daran. Hilft nix, ran an die Tour. Der Aufstieg geht gut, der Abstieg ist so anstrengend wie erwartet.Erfreulicherweise werden wir mit Sonnenschein beglückt, die Wolken hängen an den Gipfeln fest. Wir kommen am Monte d'Oro vorbei, an dem früher Gold abgebaut wurde.
Der Abstieg von 1200 m geht wieder ordentlich in die Knie. Hoffentlich erholen die sich bis morgen.
Jede Menge Badestellen liegen auch heute wieder am Weg. Eine Enttäuschung erwartet uns am Refuge in Vizzavona: Die Restaurants haben die Küche geschlossen, wir müssen noch selber kochen. Den Abschluss wird die Flasche "Monte Cinto", vin rouge, bilden, mit dem wir den Abschluss des Nortteils feiern.